• Beitrags-Kategorie:Uncategorized

In loser Abfolge werden hier ein paar erklärende Zeilen zu den aktuellen Lernzielen zu lesen sein. Klassische Spielberichte, also Nacherzählungen der Spiele, Turniere oder dergleichen mehr wird es allerdings keine geben. 

Um was es geht

Zu Beginn einer Saison sei noch mal auf die Ziele eingegangen. „Hauptsache gewonnen, egal wie!“ wird es nicht geben, kann es nicht geben und darf es nicht geben in jungen Jahren. Das „wie“ ist ganz entscheidend – wenn das Ziel ein gut und vor allem vielseitig ausgebildeter Fußballer sein soll, der in späteren Jahren auf höherem Niveau spielen kann. Ob man das will oder nicht, muss jeder Einzelne für sich selbst entscheiden, dann aber mit allen Konsequenzen. Das oberste Ziel besteht also nicht darin Spiele zu gewinnen. Das ist ein Aspekt, aber nicht der einzige und auch nicht der wichtigste.

Wie wir spielen (wollen)

Zunächst etwas ganz Grundsätzliches. Wir versuchen Fußballer auszubilden. Wir versuchen ihnen die Grundeinstellung zu vermitteln, dass wir immer und zu jeder Zeit die Initiative ergreifen, wir immer aktiv sein müssen, egal ob wir den Ball selbst am Fuß haben, ihn vom Mitspieler haben wollen oder der Gegner ihn hat. Immer aktiv! Kurz: Die Jungs sollen versuchen, das Spiel zu machen, egal gegen wen. Das ist die attraktivste, aber leider auch die schwierigste Art Fußball zu spielen. Diese Spielweise ist technisch und mental enorm herausfordernd, dies umzusetzen, gelingt uns noch recht selten. 

Wenn unsere Spieler angreifen, stehen bisweilen alle 16 Feldspieler in der gegnerischen Hälfte, also genau dort, wo wir von ihnen spielerische Lösungen einfordern, um uns Torchancen herauszuspielen. Für die Jungs bedeutet das wenig Platz und wenig Zeit, um am Ball gute Aktionen abzurufen. Zudem wird jeder technische Fehler unweigerlich dazu führen, dass sie den Ball nicht behaupten werden, sondern ihn verlieren. Dennoch versuchen die Jungs mit dieser Vorgabe umzugehen, haben aber gleich mehrere Hürden, die ihnen bei der Bewältigung teils gewaltig im Wege stehen.

Was den Jungs im Wege steht

Natürlich verdribbeln sie sich noch recht häufig, gehen offensiv in Dribblings an Stellen und in Situationen, in denen dies nicht die beste Lösung der jeweiligen Situation ist. Allzu oft sehen sie mögliche Zusammenspiele nicht. Sie haben noch kaum ein Verständnis für ein gutes Positionsspiel, also welche Räume sie in Ballbesitz besetzen sollten, welche Passwege sie öffnen sollten und wie sie das anstellen sollten. Die meisten von ihnen denken nicht voraus, überlegen also erst, wenn sie den Ball am Fuß haben, wie sie das Spiel fortsetzen werden.

Sie bekommen von außen sicher gut gemeinte Tipps zugerufen, wie sie sich vermeintlich zu verhalten haben, was leider nicht immer zu dem passt, was der Trainer von ihnen verlangt, und – genauso ungünstig – dazu führt, dass dann keine eigenen Entscheidungen mehr getroffen werden, sondern das Hereingerufene völlig unreflektiert übernommen wird. Aus technischer Sicht brauchen sie in engen Situationen oft noch zu viele Kontakte vor ihren jeweiligen Anschlussaktionen. Erfreulich viele von ihnen agieren im Training mit beiden Füßen, fallen in Drucksituationen im Spiel dann aber darauf zurück, ihre Aktionen vorwiegend mit dem starken Bein auszuführen, aber nicht mit dem für die Situation optimalen Bein. Auch fehlt vor allem in Drucksituationen oft noch die nötige Ruhe am Ball, stattdessen verfallen viele von ihnen in hektische und unüberlegte Aktionen. Das alles führt aktuell dazu, dass es noch sehr wenig stabile Ballbesitzphasen in unserem Spiel gibt, und die Jungs sich gegen Gegner, die recht tief und leidenschaftlich verteidigen, noch verhältnismäßig wenige gute Torchancen erspielen. All diese Dinge kann man nun sportlich angehen, man kann sie entwickeln. Oder man umgeht sie fröhlich.

Über andere Spielideen

Jedes Team kann selbstverständlich prinzipiell so spielen wie es möchte. Und natürlich kann die Spielidee so aussehen, dass der Torwart viele oder gar alle Bälle so weit nach vorne schlägt, wie es ihm möglich ist. Der Vorteil ist, dass die selbst in U13-Teams weitverbreitete 4er-Kette dann keine Fehler im Spielaufbau machen wird. Die zentralen Mittelfeldspieler werden im Zentrum kaum Ballverluste haben, denn der Ball fliegt über sie hinweg. Und die vorderen Spieler werden auch keine Dribblings verlieren oder statt eines Dribblings ein Zusammenspiel übersehen, weil diese Elemente nicht Teil des Plans sind. Alles, was man nicht einfordert, kann dann auch nicht schief gehen. So lassen sich unzweifelhaft Spiele gewinnen. Aber lassen sich damit auch Fähigkeiten entwickeln, über die die Spieler aktuell in noch nicht ausreichend guter Ausprägung oder eventuell noch gar nicht verfügen? Fähigkeiten lassen sich genau auf eine Art entwickeln, egal ob es um Fußball, um Vokabeln, um Musikinstrumente, um handwerkliche Fähigkeiten oder dergleichen mehr geht: Durch Wiederholungen, also durch permanentes Anwenden und anschließendes Feedback. Aber eher nicht durch das Nicht-Anwenden. Daher ist diese Spielidee eben nicht unser Ansatz.

Es geht absolut nicht darum, was uns für das aktuelle Spiel am meisten weiterhelfen würde, um ein schönes Ergebnis zu erzielen, sondern es geht darum, Fähigkeiten zu entwickeln, die die Jungs mittel- und langfristig brauchen werden. Dafür fordern wir von Ihnen Dinge ein, die schwer sind, und die sie teilweise im Moment einfach noch nicht (gut) lösen können.

So geht es beispielsweise darum neue Lösungen kennen zu lernen für verschiedene Spielsituationen, um ihr Spielverständnis auszubauen. Bis die Jungs das allerdings dergestalt verinnerlicht haben, dass sie im Spiel in Drucksituationen intuitiv auf neue Lösungen zurückgreifen und nicht ausschließlich auf altbewährtes vertrauen, werden noch einige Monate ins Land ziehen.


Dribbel nicht so viel

„Jetzt dribbelt der schon wieder“. „Mei, spiel halt ab“. „Dribbel halt nicht so viel“. Doch! Es muss gedribbelt werden! Wer sich viele (Kinder- und Jugend-) Fußballspiele ansieht, wird diese Sprüche unweigerlich immer wieder hören. Es soll nicht so viel gedribbelt werden. „Passen, du sollst passen!“ sind die gut gemeinten Ratschläge, die Spieler stattdessen erhalten. Und so sieht man selbst im Kleinfeldbereich kaum mehr Spieler, die durch Trickreichtum, überraschende und technisch raffinierte Aktionen ihren Gegner überwinden können. Es wird gerannt und gepasst. Bravo.

Ist es denn wirklich so, dass Spieler, die einen Gegner ausspielen können, nicht mehr benötigt oder gefragt wären? Ist es wirklich so, dass die guten Teams keine solchen Spieler mehr in ihren Reihen hätten, die in der Lage wären, durch schnelle Täuschbewegungen und Richtungswechsel ihre direkten Gegenspieler im 1-gegen-1 zu überwinden? Die Wahrheit ist, dass nahezu alle guten Teams solche Spieler in ihren Reihen haben, egal ob sie Musiala, Bellingham oder Foden heißen. 

Teil der Wahrheit ist aber auch, dass wir diese Fähigkeiten erst entwickeln müssen – und auch können. Auf dem Weg müssen wir allerdings damit leben, dass die Jungs falsch liegen werden, dass sie Dribblings nicht nur verlieren werden, sondern auch in unpassenden Momenten dribbeln werden. Nur dürfen wir eben nicht vergessen, dass wir hier über Zwölfjährige sprechen, die natürlich ausreichend Zeit haben und bekommen werden, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Wenn sie als Vierzehn- oder Fünfzehnjährige hinsichtlich des Dribblings bessere Entscheidungen treffen, wäre das überragend. Selbst dann sind sie aber noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. Aber besser werden sie nur, wenn wir ihnen zugestehen, sich selbst auszuprobieren und Fehler zu machen, um eigene Erfahrungen zu sammeln und basierend auf diesen Erfahrungen mehr und mehr richtige Entscheidungen zu treffen. Von vornherein das Dribbling zu verurteilen, weil es schief gehen könnte (und oft genug auch schief gehen wird), ist kein Ansatz, der zum Erwerb von Fähigkeiten geeignet ist und auch keiner, den wir zu verfolgen gedenken. Wir wollen Fähigkeiten ausbauen, und zwar indem wir ihnen zeigen, wie es richtig geht, und nicht, in dem wir komplett vermeiden, was schief gehen könnte.

Dieser Ansatz freilich gilt nicht allein fürs Dribbeln, sondern auch für alle anderen Fähigkeiten, die wir entwickeln wollen oder auf ein höheres Niveau bringen wollen. Und ja, die Jungs werden mit und durch diesen Ansatz Spiele gewinnen, aber einige auch genau deswegen verlieren.

Sonst bleibt man ein Talent

Man kann grundsätzlich sehen, dass die Jungs durchweg gute Ansätze haben, die einen im Technischen, die anderen im Athletischen, die einen beim Stellungsspiel, die anderen beim Laufverhalten. Es ist aber kein Spieler dabei, der im Moment in allen Kategorien glänzen kann. Viele Spieler haben grundsätzlich eine Vorstellung, wie sie Problemsituationen lösen und zum Tore schießen und verhindern beitragen können, bleiben aber bei immer gleichen (teils falschen) Lösungen oder bei zu einfachen Lösungen, um ihre Fähigkeiten wirklich effektiv einzusetzen.

Gute Aktionen zeigen uns aber manch ein vielversprechendes Potential, doch gilt es nun, neue Aktionen und Elemente zu lernen und ins eigene Spiel einzubauen. Genau diese Aktionen müssen dann immer wieder auftauchen, müssen präziser werden und auch unter großem Gegnerdruck beständig abgerufen werden, ansonsten bleibt man Potential oder Talent. Der unbedingte Wille beständig an sich zu arbeiten, dabei nicht nur an die eigenen Grenzen zu gehen sondern diese zu verschieben, dabei Neues anzunehmen und umzusetzen, ist bei vielen der Jungs aber noch nicht ausgeprägt genug. Nicht wenige geben zu schnell auf, wenn Dinge nicht sofort klappen, mühsam sind oder der Lernprozess mal keinen Spaß macht und so greifen die Spieler dann in Drucksituationen aktuell intuitiv auf alte Lösungen zurück. Darauf angesprochen reagieren die Jungs momentan natürlich gut erzogen, brav und einsichtig, aber immer mehr müssen den guten Absichten auch Taten folgen und die Jungs lernen, ihre Trainingseinheiten und Spiele leistungsorientierter anzugehen. 

Über Erwartungen und Druck

Wir sollten nur nicht den Fehler machen, die Jungs Erwartungen auszusetzen, die sie nicht erfüllen müssen. Diese Jungs müssen weder in jedem Spiel brillieren noch müssen sie Erster werden. Die einzigen Erwartungen, die wir von Trainerseite an unsere Jungs haben, sind die Bereitschaft, an sich zu arbeiten und Änderungen anzunehmen, und dazu den Willen, sich permanent zu verbessern. Wenn ihnen das gelingt, und nur dann, wäre die Saison erfolgreich. 

Nicht übersehen dürfen wir dabei, dass Entwicklung nicht in einem konstanten Tempo stattfindet, es wird Höhen und Tiefen geben, guten Zeiten werden auch Rückschläge folgen, die zu überwinden, für die persönliche Entwicklung genauso wichtig sind. Und es wird sich auch nicht jeder im gleichen Tempo entwickeln.

Wir sollten aber immer an dem Punkt bleiben, wo die Jungs frei von allen anderen Erwartungen und daraus resultierendem Druck in ihre Spiele gehen können. Druck ist eher hinderlich für ihre Entwicklung. Die Lust auf’s Gewinnen werden die Jungs trotzdem nicht verlieren. Sie werden weiter ehrgeizig bleiben, werden weiterhin jedes Spiel zu gewinnen versuchen. Das wird nicht immer klappen, aber sie werden das weiterhin in jedem Spiel versuchen. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen.