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Die U14 – Durch das Spielen zum Spiel finden

Auf diesem Abschnitt der Ausbildung geht es um Fehler, um Kritik, um Ballbesitz, um das zweite Bein, um Technik. Vor allem aber weiterhin: um Entwicklung.

Eines vorneweg. Ausbildung tut manchmal weh. Zu verstehen, wo man tatsächlich steht, oft noch mehr. Und den nächsten Schritt zu machen, erst recht. Entwicklung klingt gut, fühlt sich aber nicht immer so an. Sie ist unbequem, mühsam, manchmal ernüchternd. Und trotzdem notwendig. Darum dieser Text. Kein Trost, keine Ausrede. Sondern der Versuch, die Richtung sichtbar zu machen, damit klarer wird, was wichtig wäre.

 

Fehler sind Teil der Ausbildung.

Der Blick bleibt am Spieltag oft an den Fehlern hängen. Daraus wird dann schnell die Erwartung: Ein Jugendtrainer müsse sie doch verhindern, sie abstellen. Damit man das Spiel gewinnt. Ein Missverständnis. Vielleicht das größte. Denn Ausbildung heißt, Fehler zuzulassen. Nur wir müssen unterscheiden. Da sind die Fehler, die passieren, weil ein Spieler schlampig agiert, unkonzentriert. Dann die Fehler, die ein Spieler in Dauerschleife macht, ohne jede Spur von Besserung. Aber eben auch die Fehler, die entstehen, weil jemand etwas versucht, das er noch nicht beherrscht. Etwas probiert, weil er es können will. Genau da findet Ausbildung statt. Wer das stoppt, wer das verhindert, weil er Angst vor Niederlagen hat, blockiert Entwicklung. Natürlich: Man kann so Spiele gewinnen, indem man Risiko vermeidet, nichts ausprobieren lässt, was schief gehen könnte, sicher spielt.

Doch Ausbildung ist im Grunde ganz banal. Was man ausbilden will, das trainiert man. Und genau das verlangt man am Spieltag. Punkt. Ganz egal, ob das am Wochenende drei Punkte bringt oder nicht. Man macht es, weil man überzeugt ist: Ohne diese Fähigkeiten wird der Spieler nie an das Niveau herankommen, das in ihm steckt. Aber darum geht es – wenn Ausbildung das Ziel ist. 

 

Kritik ist kein Gift, sondern Treibstoff.

Entwicklung ohne Kritik gibt es nicht. Wer nur gelobt wird, bleibt dort stehen, wo er schon ist. Kritik zeigt das, was fehlt – und macht damit erst sichtbar, wo Wachstum möglich ist. Sie bedeutet, dass dich jemand ernst genug nimmt, genau hinzuschauen, dass du wichtig genug bist, damit dir jemand helfen möchte. Kritik ist kein Angriff, sondern ein Werkzeug: Sie legt Schwächen offen, aber auch Fähigkeiten, die erst entstehen müssen. Entscheidend ist, dass sie fair, konkret und lösungsorientiert bleibt, verbunden mit einer klaren Richtung. Lob braucht es genauso, um Fortschritte zu bestätigen. Aber Entwicklung geschieht dort, wo ausgesprochen wird, was noch fehlt – und der Spieler den Willen hat, es anzunehmen. Kritik bringt dich dorthin, wo Lob dich nie hinbringen würde.

 

Ohne Ball keine Entwicklung.

Ballbesitz ist für uns kein Selbstzweck, sondern die Grundlage der Ausbildung. Wer den Ball hat, bestimmt das Spiel, und läuft ihm nicht nur hinterher. Die Jungs brauchen den Ball – weil sie nur dann genügend Ballaktionen haben, um sich fußballerisch wirklich zu entwickeln. Bei den ersten gemeinsamen Einsätzen tat man sich schwer: Kaum erobert, schon verloren. Drei Stationen, Ball weg. Nicht, weil die Gegner körperlich überlegen waren, sondern weil man zu oft die falschen Entscheidungen traf – zu hektisch, zu ungeduldig, oft technisch unpräzise.

Aber Ballbesitz beginnt im Kopf. Vororientierung heißt das Zauberwort: eine Idee haben, bevor der Ball kommt. Kopf hoch, Spiel lesen, Mitspieler sehen, Gegner einordnen. Nur so entstehen Lösungen, die mehr ermöglichen, als den nächsten Befreiungsschlag. Dennoch, auch die beste Idee nützt nichts, wenn der erste Kontakt nicht gut ist. Erster Kontakt heißt: den Ball so an- oder mitzunehmen, dass die nächste Aktion möglich wird – statt ihn nur zu stoppen und Zeit zu verlieren. Vororientierung ist der Plan, der erste Kontakt die Umsetzung. Zusammen bilden sie die Grundlage für Ballbesitz – und der ist das Werkzeug, um Entwicklung überhaupt möglich zu machen. Denn dafür brauchen wir den Ball.

 

Das zweite Bein – warum halbe Spieler nichts Ganzes werden.

Zwei Beine haben sie alle. Aber fast alle spielen so, als hätten sie nur eins. Das andere ist wie die Rettungsweste im Flugzeug: man weiß, dass sie da ist – benutzt sie aber nie. Unter Druck, wenn’s eng wird, kommt der Reflex. Starkes Bein. Auch wenn das schwache besser zur Situation passen würde. Und dann ist es vorbei. Man könnte mit links schießen oder passen, aber man will es mit rechts, und deswegen kommt – ganz oft nichts. Fußball mit einem Bein ist wie Schwimmen mit einem Arm. Möglich, ja. Aber absurd. 

Einbeinige Spieler sind halbe Fußballer. Deshalb ist es Teil ihrer Ausbildung, auch das zweite Bein instinktiv nutzen zu lernen. Auch wenn’s manchmal hässlich aussehen wird. Auch wenn der Ball das Ziel nicht erreicht. Auch wenn es Fehler hagelt. Weil es keine Ausrede gibt, mit der Hälfte zufrieden zu sein.

 

Technik – Illusion oder Werkzeug.

Technik bleibt ein Schwerpunkt – nicht, weil sie fehlt, sondern weil sie weiter ausgebaut werden muss. Die Jungs bringen viel technisches Fundament mit: jonglieren, dribbeln, passen auf gutem Niveau. Manche elegant, manche kraftvoll. Jetzt geht es darum, ihr Rüstzeug variabler zu machen und es im Spiel mutiger einzusetzen. Denn Technik, die nur im Training oder in der Komfortzone funktioniert, bleibt ohne Wirkung. Es gilt, sie einzusetzen, wenn es eng wird, wenn Zeit fehlt, wenn der Gegner drückt –  im Tempo, im Chaos, unter Stress. Erst dort zeigt sich, ob sie wirklich funktioniert. Denn Technik ist kein Ziel. Technik ist Werkzeug. Und ein Werkzeug, das im Ernstfall nicht funktioniert, war nie eins.

   

Entwicklung passiert im Spieler – oder gar nicht.

Oft wird übersehen: Kein Trainer macht Spieler besser. Nicht Guardiola. Nicht Alonso. Und ich schon gar nicht. Trainer können Impulse setzen, unterstützen, Hilfestellungen geben, loben, kritisieren. Aber die Entscheidung, ob daraus wirklich Entwicklung entsteht, fällt beim Spieler. Manche hören zu, nicken artig und vergessen am nächsten Tag wieder alles. Andere nehmen Inhalte auf, denken darüber nach, probieren sie im Training und Spiel, versuchen es erneut, wenn es nicht klappt. Sie üben auch dann, wenn keiner zusieht. Und sie begreifen, dass Entwicklung nicht nur mit Ball passiert, sondern auch durch Arbeit am eigenen Körper – mit dem Bewusstsein für Athletik und dem Willen, dort extra Arbeit zu investieren. Wer dabei Unterstützung sucht, wird sie bekommen. Genau so entsteht der Unterschied.

Entwicklung ist oft mühsam, unbequem, manchmal auch frustrierend. Viele kommen deshalb nicht so weit, wie es möglich gewesen wäre, weil sie sich nicht darauf einlassen (wollen). Denn es reicht nicht, im Training bloß anwesend zu sein. Entscheidend ist, ob einer die Impulse aufnimmt, umsetzt und dranbleibt. Entwicklung ist kein Selbstläufer. Sie ist eine Entscheidung.

 

Worum geht es? Ergebnis oder Ausbildung?

Oft wird jeder Sieg selbst in der Jugend gefeiert, als hätte man die Champions League gewonnen. Besser gewesen, glaubt man. Aber in was? Im reinen Versuch, das eine Spiel zu gewinnen? Oder im Versuch, Spieler auszubilden – Fähigkeiten zu entwickeln, die bleiben, wenn das Ergebnis längst vergessen ist? Genau da liegt der Unterschied. Und genau deshalb die Frage: Was wollen wir eigentlich ausbilden? Verteidiger, die stark gegen den Ball sind? Dann brauchen sie immer wieder Gegner und Situationen, die sie herausfordern. Will man, dass Verteidiger zudem von hinten heraus aufbauen können, selbst wenn sie unter Druck stehen? Dann müssen sie das trainieren – unter Druck! Zentrale Spieler, die den Ball in engen Räumen behaupten und verarbeiten können, bis daraus gefährliche Aktionen entstehen? Dann müssen sie in engen Räumen angespielt werden. Auch wenn sie Druck haben! Offensivspieler, die durch gewonne Eins-gegen-eins Situationen zu Unterschiedsspielern reifen? Dann müssen sie in der Jugend genau dorthin: ins Risiko, ins offene Duell!

Alles schwer. Alles schmerzhaft, wenn’s schief geht. Alles ohne Garantie auf schnelle Siege. In jungen Jahren werden die Jungs mehr stolpern als glänzen. Natürlich gäbe es einfachere Wege zum Tor. Hoch, lang und weit bringt bekanntlich Sicherheit. Aber die Frage bleibt: Geht es darum, Spiele zu gewinnen – heute, sofort? Oder geht es darum, sich die Zeit zu nehmen, Fähigkeiten auszubilden, die sie morgen brauchen? Ich habe diese Frage für mich längst beantwortet. Jeder muss das für sich tun. Trainer, Spieler, Eltern, Vereine, Verantwortliche. Und nicht immer passt es dann zusammen. 

Spiele zu gewinnen ist nicht das ultimative Ziel im Nachwuchs. Die Spiele sind einfach nur die Umgebung, in der Trainingsinhalte angewendet werden sollen. Eine Plattform für Entwicklung. Frei von Ergebnisdruck. Deshalb schaue ich während der Saison keine Tabellen an. Irrelevant. Ich schaue auf das Team. Auf das, was wir entwickeln wollen. 

Schlussgedanke

Dieser Weg unterscheidet sich an manchen Stellen von anderen, und er gefällt nicht jedem – weil er keine schnellen Ergebnisse verspricht. Doch in der Jugend geht es nicht um Tabellenplätze, sondern um Ausbildung. Um ein Umfeld, in dem bestimmte Fehler erlaubt sind: die Fehler, die entstehen, wenn man etwas Neues wagt, wenn man versucht, besser zu werden. Genau das unterscheidet Ausbildung vom reinen Gewinnen. Der Blick richtet sich nicht zuerst auf das Ergebnis, sondern auf die Inhalte. Und einige Spiele werden wir genau deswegen verlieren.

Auch sollten wir nicht vergessen: Es gibt keine Garantie. Nicht jeder wird gleich viel lernen. Nicht alle im gleichen Tempo. Mancher Fortschritt bleibt kleiner, als erhofft. Gerade bei jungen Spielern ist das so – weil Entwicklung von vielem abhängt: vom Training, vom Wachstum, von der Persönlichkeit, von der Motivation, vom eigenen Willen, weiterzumachen, wenn es schwer wird. Inhalte lassen sich planen. Am Ende entscheidet der Spieler selbst, wie weit er geht. Es wird allerdings immer auch auf euch Eltern ankommen – egal, wer an der Seitenlinie steht. Denn wir gehen diesen Weg nur ein kleines Stück gemeinsam. Was zählt, bleibt gleich: Geduld haben, Fehler aushalten und den Blick darauf richten, wie der einzelne Junge wächst. Wie er Neues wagt, scheitert und (hoffentlich) trotzdem weitermacht.

Alles andere – Ergebnisse, Tabellen, Siege – ist Beiwerk. Erfolge sind nicht das Ziel von guter Ausbildung, sie sind die Konsequenz. Und die Erfahrung zeigt: Wenn der Weg passt und Scheitern erlaubt ist, kommt am Ende meistens etwas Gutes heraus.